Adel und Leistung – Das Haupt- und Landgestüt Marbach
Wir waren zu Gast auf dem Haupt- und Landgestüt Marbach und haben dort eine eineinhalbstündige Führung genossen, die für unsere kleine Pferdenärrin und auch für uns Große sehr interessant war. Das Marbacher Gestüt in Gomadingen, im Landkreis Reutlingen, ist das älteste staatliche Gestüt Deutschlands. Zum Haupt- und Landgestüt Marbach gehören die Gestütshöfe in Offenhausen und St. Johann mit ihren jeweiligen Vorwerken. Vor allem seine herausragende Araberzucht macht das Haupt- und Landgestüt weltweit bekannt.
Unsere Führung beginnt am Stutenbrunnen im historischen Innenhof, der von dem großen, schmiedeeisernen Haupttor, den Hengstställen und dem Verwaltungsgebäude umrahmt wird. Besucher dürfen das Gelände auf eigene Faust erkunden, wobei die Stallruhezeiten der Pferde und das absolute Fütterungsverbot zu beachten sind. Während unseres Besuchs stehen einige Hengste in ihren Boxen, andere werden in der Führanlage, der Reithalle oder auf einem Ausritt bewegt, wieder andere toben auf den Hengstausläufen oder den großzügigen Weiden. Pferdepflege wird in Marbach groß geschrieben und wir dürfen zusehen, wie ein Hengst geduscht und shampooniert wird. Dabei erfahren wir einiges über Futter, Bewegungseinheiten, das Zuchtprogramm, die Historie sowie die Ökologie der gestütseigenen Wälder und Weiden. Gras und Heu, welches an die Tiere verfüttert wird, stammt von den gestütseigenen Wiesen.
Die Führung durch die blitzblanken Stallungen zeigt die Vielfalt an unterschiedlichen Pferderassen: Arabische Vollblutpferde, Warmblüter, Altwürttemberger und Schwarzwälder Kaltbluthengste. Über 500 Pferde leben insgesamt auf den Gestütshöfen. Spannend war für uns auch der Besuch auf der Stuten- und Fohlenweide. Zwei Stutenherden sind auf dem Hauptgestüt beheimatet – Warmblutstuten und Weil-Marbacher Vollblutaraberstuten („Die Silberne Herde“ genannt). Ab März werden die Fohlen geboren, wofür ein separater Abfohlstall zur Verfügung steht. Einige Zeit nach der Geburt ziehen die Stuten und Fohlen dann in einen großen Laufstall, wo sie circa ein halbes Jahr zusammenbleiben, bis die Fohlen in die Jungpferdeaufzucht gebracht werden. Im Alter von drei Jahren werden die Pferde angeritten, wobei das erste Jahr mit der Arbeit an der Longe und der Gewöhnung an das Reitergewicht beginnt. Doch nicht nur die Pferde werden ausgebildet, auch die Zweibeiner können auf dem Gestüt in den unterschiedlichsten Bereichen „zur Schule gehen“. Die Kurse in der Landesreitschule und der Landesfahrschule sind sehr gefragt. Des Weiteren ist Marbach der größte Ausbildungsbetrieb in Deutschland. Die 40 Azubis machen hier ihre Ausbildung zum Pferdewirt in den Fachrichtung „Zucht“, „Service und Haltung“, sowie „Klassisches Reiten“, ebenso werden auch Landwirte und Schmiedepraktikanten ausgebildet.
Wir erfuhren, dass auf dem Haupt- und Landgestüt Marbach nicht nur Pferde für Sport und Freizeit gezüchtet, sondern auch Rassen durch Zucht gezielt erhalten werden. So steht die Rasse der Schwarzwälder Kaltblüter beispielsweise auf der Liste der bedrohten Nutztierrassen und konnte durch gezielte Zucht vor dem Aussterben bewahrt werden. 700 eingetragene Zuchtstuten zählt der Pferdezuchtverband Baden-Württemberg wieder und 24 Zuchthengste sind in Marbach beheimatet. Das Altwürttemberger Pferd hat diesen Weg noch vor sich, hier gibt es nur noch eine kleine Population. Doch auch für den klassischen Reitsport wird in Marbach gezüchtet. Besonders beeindruckend fanden wir natürlich die Erfolgsgeschichten „made in Marbach“, wie beispielsweise die von Sam FBW, der momentan das erfolgreichste Vielseitigkeitspferd der Welt ist. Vielseitigkeitsreiter Michael Jung gewann mit Sam zweimal Olympisches Einzel-Gold, Olympisches Team-Gold und Team-Silber und etliche weitere Titel, wie beispielsweise den Weltmeistertitel in der Einzelwertung, EMEinzel-Gold und EM-Bronze. Sam FBW stammt vom Marbacher Deckhengst Stan The Man xx ab und wurde dem Haupt- und Landgestüt Marbach zur Aufzucht anvertraut. Michael Jung besitzt weitere Erfolgspferde, die von Marbacher Hengsten abstammen.
Wir waren begeistert, die Pferde und den Alltag auf dem Gestüt so hautnah erleben zu können. Eine Führung ist wirklich empfehlenswert und Frau Weinmann, die gemeinsam mit einer Kollegin für die Besucher zuständig ist, nahm sich viel Zeit für unsere Fragen und kümmerte sich besonders um unsere kleine Pferdefachfrau, die am liebsten gleich auf dem Gestüt eingezogen wäre. Besucher dürfen sich auch ohne Führung auf dem Gelände, aufhalten. Sehr gerne werden individuelle Führungen für Gruppen organisiert.
An allen Sonn- und Feiertagen, sowie in allen baden-württembergischen Ferien, finden Führungen um 13.30 Uhr und um 15 Uhr ohne Voranmeldung statt. Sie kosten 5 Euro für Erwachsene und 3 Euro für Kinder. Ab 2018 bezahlen Erwachsene 6 Euro, für Kinder bleibt der Preis bei 3 Euro. Das Gestüt ist ganzjährig geöffnet. Wunderschön ist seine Lage auf der Hochfläche der Schwäbischen Alb, so dass Besucher vom Gestüt aus zu schönen Wanderungen aufbrechen können.
Wir verbrachten eine interessante Zeit auf dem Haupt- und Landgestüt und haben unseren Besuch sehr genossen, sicher auch, weil es so familienfreundlich und zwanglos zugeht und jeder Besucher das Gefühl hat, willkommen zu sein. Über 500.000 Besucher verzeichnet das Gestüt jährlich und es gibt viele spannende Veranstaltungen, die meist in der großen Arena bzw. im Gelände stattfinden. Zu den Attraktionen zählen die Hengstvorstellung, die Gestütsauktion, die Fohlenschau, die internationale Vielseitigkeit, die Marbach Classics im Sommer oder die Hengstparaden im Herbst. Ebenfalls einen Besuch ist das Gestütsmuseum in Offenhausen wert.