Junge Mutter mit 14


Zweifach-Mama Mercedes erzählt in diesem Interview von Herausforderungen aber auch den vielen Vorteilen als ganz junge Mutter, denn mit knapp 15 Jahren erwartete sie ihr erstes Kind. Damals wie heute ist sie sehr glücklich über ihr harmonisches Familienleben und weiß: Sie würde alles noch einmal genauso entscheiden.

Liebe Mercedes, im Alter von 14 Jahren hast Du erfahren, dass Du dein erstes Kind erwartest. War das ein Schock für dich?

Im ersten Moment ja, wenngleich ich geahnt habe, dass ich schwanger bin, da auch der entsprechende Schwangerschaftstest positiv ausfiel. Deshalb war ich beim Frauenarzt relativ gefasst. Den Schock verursachte dann vielmehr mein Gegenüber, denn mein Frauenarzt meinte, ich hätte ja nun zwei Optionen – Abtreibung oder Adoption. Ich antwortete: “Ich wähle Option drei und behalte mein Kind.” Und wechselte zu einer tollen Frauenärztin, die mich gut und empathisch begleitet hat.

Woher hast Du deinen Mut für diese Entscheidung genommen, dein Kind zu behalten?

Eine wichtige Unterstützung waren meine Mutter und meine Oma. Meine Mutter war zwar im ersten Moment geschockt, als sie von meiner Schwangerschaft erfuhr, hat aber sofort ihre Unterstützung zugesagt. Meine Oma meinte: “Irgendwie bekommt man jedes Kind groß.” Mit dieser Frauenpower im Rücken konnte ich also bestärkt weitermachen.

Wie reagierte dein soziales Umfeld?

In der Schule war es teilweise nicht so einfach, weil viel hinter meinem Rücken geredet wurde. Während meine Familie mich unheimlich stützte, schlug mir außerhalb dieser geschützten vier Wände teilweise unverhohlene Verachtung entgegen. Auch als es gegen Ende der Schwangerschaft Probleme gab und ich aufgrund einer Gebärmutterhalsverkürzung vier Wochen vor Entbindungstermin ins Krankenhaus musste. Dort nahm ein Teil der Belegschaft teilweise kein Blatt vor den Mund. Wenn ich beispielsweise um etwas bat oder es mir schlecht ging, gab es durchaus den einen oder anderen Kommentar nach dem Motto: Das hast Du dir ja alles selbst zuzuschreiben. Meine Mutter war bei einigen dieser Äußerungen anwesend, sonst würde mir das kaum jemand glauben. Aber leider war es so, dass ich mich gerade im Krankenhaus und vom Fachpersonal, das ja nicht nur fachlich sondern auch menschlich für werdende Mütter, egal wie alt sie sind, da sein sollte, hin und wieder im Stich gelassen fühlte. Nach der Geburt musste mein Sohn für vierzehn Tage auf die Intensivstation. Die dortigen Fachkräfte waren sehr nett, was mir richtig gut tat. Hier ging es rein um mein Kind und dessen Stabilisierung und nicht um irgendwelche Begleitumstände, wie beispielsweise das Alter der Mutter. In der Zeit im Krankenhaus haben mich übrigens auch ein bis zwei gute Freundinnen sehr liebevoll begleitet, brachten mir die Hausaufgaben usw. Auch meine Klassenlehrerin hat mich sehr unterstützt. Das weiß ich bis heute zu schätzen.

Apropos Klassenlehrerin – Hast Du tatsächlich kurz nach der Entbindung wieder die Schulbank gedrückt?

Ja, das ist richtig. Wir kamen freitags aus dem Krankenhaus, montags saß ich wieder in der Schule. Diese habe ich mit zwei Auszeichnungen abgeschlossen, danach folgte die kaufmännische Berufsfachschule. Neben der Schule habe ich trotz Baby auch immer gejobbt, um Geld für mich und mein Kind zu verdienen. Später habe ich dann als Mediengestalterin gearbeitet, heute bin ich beruflich erfolgreich selbstständig.

War der neue Alltag mit Baby für dich eine große Umstellung?

Eigentlich nicht, da ich vorher ja nichts anderes gekannt habe. Mit 14 Jahren bin ich noch nicht in die Disco oder anderweitig ausgegangen, bin nicht mit Freundinnen in den Urlaub gefahren etc. Von daher war da nichts, auf das ich hätte verzichten müssen und was mir hätte fehlen können. Auch hatte ich mit 14 noch keinen Berufswunsch oder ähnliches, musste keine Lehre abbrechen. In dem Sinne gab es also keinen Lebensplan der hätte durchkreuzt werden können. Mit 18 Jahren wäre das als frischgebackene Mutter wahrscheinlich etwas schwieriger gewesen. Meine Mutter erhielt die Vormundschaft über meinen Sohn, da ich noch nicht volljährig war. Meine Oma hat mich sehr entlastet, ebenso wie meine Mutter. Und für meinen Sohn war es toll, so geborgen mit dem Rückhalt von Oma und Uroma aufzuwachsen. Auch die Pro Familia-Beratung in Göppingen hat mir weitergeholfen.

Wie gestalteten sich die ersten Jahre für dich als Mutter?

Anfänglich war es schon manchmal schwer, denn als junge Mutter hat man manche Herausforderungen zu bestreiten, die man sich nicht selbst aussuchen kann. Ich komme da wieder auf das Thema des sozialen Umfelds zurück. Im Kindergarten ließen mich die anderen Eltern teilweise doch spüren, dass ich “die junge Mutter” war. Man traute mir weniger zu, beispielsweise dass ich auf dem Kindergeburtstag meines Sohnes die Verantwortung für die anderen Kinder übernehmen konnte. Da kam dann schon die eine oder andere Absage, auch generell bezüglich Spielverabredungen. Da habe ich mir schon manchmal Sorgen gemacht, dass meinem Sohn die Integration verwehrt wird, nur weil er eine junge Mutter hat. Leichter wurde es dann in der Grundschule. Da war ich Anfang Zwanzig und einer Anfang-Zwanzig-Jährigen sieht man eben nicht mehr an, ob sie 20 oder 28 Jahre alt ist. Die Reduzierung aufs Alter hörte zu dieser Zeit auf – endlich. Dennoch hatte ich häufig das Gefühl, mich beweisen und mehr integrieren zu müssen als andere.

Mit Mitte 20 bist Du zum zweiten Mal schwanger geworden. Was war dabei anders?

Dieses Mal war die Schwangerschaft geplant und somit schon ein wenig entspannter, einfach auch weil das Umfeld entspannter reagierte. Ich bin ein sehr empathischer Mensch, mache mir viele Gedanken. Nach den Erfahrungen in meiner ersten Schwangerschaft habe ich mir doch einen Kopf gemacht, was die Leute jetzt sagen, ob sie sich mit uns freuen etc. Nach den Erfahrungen von damals habe ich mir einfach mehr Gedanken über meine Außenwirkung gemacht. Das abzulegen hat eine Zeit gedauert. Doch eigentlich habe ich die zweite Schwangerschaft in vollen Zügen genossen. Mein Verlobter hat mich hier sehr in meinem Urvertrauen bestärkt, dass alles gut werden wird. Interessant war, dass ich während der Schwangerschaft mit meinem zweiten Sohn nie irgendwelche seltsamen Kommentare oder Reaktionen erlebt habe. Das Klinikpersonal war freundlich und bei jedem Wehwehchen, überspitzt ausgedrückt, wurde sich um mich als Schwangere gekümmert. Ein deutlicher Unterschied zu dem, was ich im Alter von 14 Jahren als werdende Mutter erlebt habe.

Nun bist Du Ende 20, hast zwei tolle Söhne, einen tollen Verlobten. Was gefällt Dir besonders an der Tatsache, eine junge Mutter zu sein?

Oh, da gibt es einiges. Mich stresste, als die Jungs klein waren, der Schlafentzug nicht so. Nachtschichten und Krankheiten habe ich immer gut weggesteckt. Ich höre ähnliche Musik wie mein ältester Sohn, kann bei vielem doch anders mitreden als es vielleicht ältere Eltern tun können. Im Indoorspielplatz sitze ich nicht am Rand und schaue zu, sondern ich bin die letzte, die das Trampolin verlässt – manchmal auch erst nach meinen Jungs. Insgesamt bin ich sehr nah an den Kindern dran, würde ich sagen.

Was würdest Du jungen Müttern, die sich vielleicht sogar aktuell in der Entscheidungsphase befinden, ob sie ihr Kind behalten sollen oder nicht, gern sagen?

Den richtigen Zeitpunkt um schwanger zu werden, den gibt es meistens sowieso nicht. Man kann auch mit Kind viele schöne Dinge erleben, toll in den Urlaub fahren und vieles mehr. Hört auf euer Bauchgefühl und auf eure innere Stimme – ihr werdet eine gute Mutter sein, auch wenn ihr jung seid. Als ich mit 14 Jahren erfahren habe, dass ich Mutter werde, da hatte ich nicht mehr das Gefühl 14 Jahre alt zu sein, sondern ich hatte das Gefühl Mutter zu sein. Und so habe ich auch gedacht und gehandelt. Es kam ganz von selbst. Ein weiterer Tipp: Hört nicht auf euer Umfeld. Wenn sich eine Entscheidung für euch gut und richtig anfühlt, dann ist sie gut und richtig. Die anderen Leute haben sowieso ihre Meinung, haben immer etwas zu sagen. Man kann es ihnen gar nicht recht machen. Und es anderen Menschen recht machen zu wollen, sollte gar nicht erst das Ziel sein.

Liebe Mercedes, vielen Dank für dieses spannende Interview!