„Buchstäbchen“ – Stuttgarter Kinderbuchträume werden wahr


Seit eineinhalb Jahren bereichert ein wunderschöner Kinderbuchladen den Stuttgarter Westen. „Buchstäbchen“ heißt dieses kleine Stück Traumland in der Senefelderstraße, in dem nicht nur Kinder in der Welt der Bücher versinken, sondern auch Erwachsene ihre Zeit mit Lesen, Stöbern und Träumen verbringen. Myriam Kunz, 41 Jahre alt, studierte Innenarchitektin und Mutter von zwei Töchtern, ist das kreative Gesicht hinter „Buchstäbchen“ und nicht nur Vollblutgestalterin, sondern auch Multifunktionstalent.

Liebe Myriam, einen eigenen Buchladen zu führen – das war früher mein persönlicher Traum. Mit welchem Gefühl schließt Du morgens die Tür Deines eigenen Buchladens auf?

Mit Dankbarkeit. Denn ich bin dankbar dafür, dass ich eine große Leidenschaft zu meinem Beruf machen konnte.

Wie kam es dazu, dass Du einen Kinderbuchladen eröffnest?

Als Gestalterin und Schöngeist (ich bin seit 2001 als Innenarchitektin tätig) habe ich schon immer besonderes Interesse an guten, schönen und liebevoll gestalteten Büchern und Produkten gehabt. Ich merkte, dass ein gutes Buch nicht nur Kindern, sondern auch Erwachsenen gefallen sollte. Als ich als Mutter nach diesen Büchern suchte, stellte ich fest, dass diese Bücher nicht an jeder Ecke zu finden waren und ich begab mich auf eine spannende und wunderbare Reise, die über die Grenzen von Deutschland hinaus ging. Nach nun fast 8 Jahren der passionierten Recherche und Sammelleidenschaft kann ich sagen: „Es gibt sie noch, die wirklich tollen Bücher“ und ich konnte gar nicht anders, als 2016 mit diesem Wissensschatz einen Laden zu eröffnen.

Meine Liebe zu Büchern und speziell zu Bilderbüchern ist schon sehr alt. Als Kind bin ich regelrecht in die Bildwelten und Geschichten abgetaucht und diese Bilder haben sich in mein Gedächtnis eingebrannt. Sie haben meinen Blick auf die Welt geschult. Ein wenig aus den Augen verloren, entflammte jedoch nach der Geburt meiner beiden Töchter, heute 6 und 8 Jahre alt, die Liebe für das Kinderbuch erneut. An beiden, aber besonders an meiner Kleinsten, merke ich, wie wichtig Bücher und das Vorlesen für Kinder sind. Sie ist sehr lebhaft und redet den lieben langen Tag. Die Welt und das Leben ist für sie so unendlich spannend, dass sie kaum zur Ruhe kommt. Sieht sie jedoch ein Buch, so ist das Kind wie ausgewechselt. Das Vorlesen oder selbst das alleinige Anschauen von Büchern beruhigt sie und führt sie auf wunderbare Weise zu sich selbst. Lesen erdet. Lesen schafft Nähe. Lesen verbindet. In den letzten 8 Jahren hat es kaum einen Tag gegeben, an dem wir als Familie nicht über das Lesen eine der schönsten und intensivsten Zeit des Tages erleben durften.

Was gibt es in Deinem Laden außer Büchern noch Besonderes zu entdecken?

Bei uns gibt es neben Kinder- und Elternbüchern auch tolles Spielzeug und viele feine Dinge aus Papier, die das Kinderzimmer verschönern.

Wie wichtig sind Dir, neben dem Inhalt, schön gestaltete Bücher mit ansprechender Optik, Haptik usw.?

Ein gutes Buch vereint alles: ansprechende Gestaltung, guten Inhalt, und natürlich auch eine wertige Haptik. Ich setzte mich aktiv im Dialog mit Verlagen dafür ein, dass Bücher auch eine gute Haptik bekommen. Schließlich lesen wir nicht nur mit den Augen. Ob ein Buch gefällt, entscheiden Hände und Nase nämlich nicht unwesentlich mit!

Welches waren früher Deine liebsten Kinder- und Jugendbücher und was liest Du Deinen Töchtern aktuell vor?

Ein Buch, das mich bis heute nachhaltig beeindruckt hat, ist Michael Endes „Momo“. Mindestens einmal in der Woche versuche ich noch heute, die grauen Männer der Zeitsparkasse zu vertreiben… Mit meinen Kindern lese ich unheimlich viel. Momentan mögen wir die „Villa Wunderbar – Ein Waschbär zieht ein“ sehr gern. Das ist die lustige Geschichte eines sprechenden Waschbärs, der in eine Großfamilie einzieht und so manchen Schabernack treibt.

Wenn Du ganz spontan überlegst: Was glaubst Du, welchen Beruf Deine Töchter einmal ausüben könnten? Liegt ihnen ebenfalls das Kreativ-Gestalterische?

Ha, diese Überlegung stelle ich oft an. Beide haben eine kreative Ader. Ich wünsche beiden, dass sie einen Beruf finden, der sie glücklich macht. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass gerade ein handwerklicher Beruf einen sehr erden kann….aber wer weiß, wir sprechen uns in 15 Jahren noch einmal.

Von wem in Deiner Familie hast Du Deine Leidenschaft für Geschichten, Bücher und Kreativität aber auch „das Macher-Gen“ geerbt?

Bücher haben bei uns in der Familie schon immer eine große Rolle gespielt und unsere Familienbibliothek umfasste ein paar tausend Bücher, in denen ich als Kind regelmäßig versunken bin. Es gab Pädagogen, Schriftsteller, Aufklärer und tatsächlich Buchhändler in meiner Familie. Die Neugier und den unternehmerischen Mut habe ich von meinem Vater, den Schöngeist von meiner Mutter.

Wie schaffst Du es, den Spagat zwischen Beruf und Familie hinzubekommen?

Das frage ich mich nach 3 Woche Grippe in der Familie auch…Nein, Spaß beiseite. Ich schaffe das nur, weil über die Jahre hinweg ein zuverlässiges Netzwerk aus Kita, Hort, Großeltern, Freunden, tollen Mitarbeitern und manchmal sehr verständnisvollen Kunden entstanden ist.

Hast Du persönliche Tipps bzw. Erfahrungsberichte für Eltern, die, egal ob angestellt oder selbstständig, ihren Alltag mit Job und Kind organisieren müssen?

Seid ehrlich zu Euch selbst, wie viel Eure Schultern tragen können. Hilfe von außen anzunehmen ist keine Schande!

Ist Dein Mann auch ein Bücherwurm und teilt er Deine Leidenschaft für schöne (Kinder-)Bücher?

Mit meinem Mann habe ich 10 Jahre lang ein Architekturbüro geführt. Wir verstehen uns oft blind. Die Leidenschaft für die Kinderbücher ist allerdings etwas, was ich mit anderen Menschen teile.

Man liest aktuell viel, dass traditionelle Buchhandlungen schließen. Glaubst Du dennoch zuversichtlich an die Zukunft von „Buchstäbchen“?

In unserer extrem schnelllebigen Zeit bin ich davon überzeugt, dass wir analoge und entschleunigende und sinnliche Gegenpole zu unseren digitalisierten Leben erhalten müssen. Unsere Kinder sind „Digital Natives“ und neue Medien, soziale Netzwerke und virtuelle Welten sind fester Bestandteil ihres Lebens. Aber das heißt nicht, dass wir sie nicht für die wunderbare Welt der Bücher begeistern dürfen. Ja, ich glaube an das Kinderbuch und somit auch die Zukunft des „Buchstäbchens“.

Was ist Dein größter beruflicher Traum und wo möchtest Du mit „Buchstäbchen“ in 5 Jahren stehen?

Ich möchte von meinem Beruf leben können. Ich hoffe, dass mehr und mehr Kunden sich darauf besinnen, dass es sich lohnt, bei dem Buchhändler um die Ecke zu kaufen. Bei uns gibt es nämlich nicht nur unschlagbar gute Buchtipps, wir bestellen auch Eure Lieblingsbücher bis zum nächsten Tag und das mit einem persönlichen Lächeln!

Liebe Myriam, vielen Dank für dieses schöne Interview! Und wenn Ihr Euch von der exquisiten Auswahl an tollen Kinder- und Elternbüchern überzeigen möchtet, dann schaut doch bald in der Senefelderstraße 76 im Stuttgarter Westen vorbei. Ein Besuch im „Buchstäbchen“ lohnt sich – natürlich auch virtuell unter www.buchstaebchen-stuttgart.de!