Lisette und ihre Kinder – Der Film
Rezension
“Ich seh die Kinder wie sie sind. Ich überlege nicht, was dreh ich daraus, sondern was ist da alles vorhanden? Sie sind da und sie sind willkommen.” (Lisette Siek-Wattel)
Erzieherin Lisette erlebt ihr letztes Kindergartenjahr im “Kleinen Kindergarten” in Stuttgart, bevor sie in den Ruhestand geht. Ihr anvertraut sind Kinder, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. All diese Kinder sind bei Lisette willkommen und in ihrem erzieherischen Alltag lebt sie das, was sie von den Eltern, Pädagogen bzw. vom Bildungssystem fordert: Lasst den Kindern Zeit, lasst ihnen Freiräume. Lasst sie entdecken und Kreativität entwickeln. Und beraubt sie nicht ihrer Möglichkeiten im Prozess des Menschwerdens.
Von Lisettes liebevoller, besonnener Pädagogik profitierten auch die mittlerweile längst erwachsenen Kinder des Schauspielers Walter Sittler. Gemeinsam mit seiner Frau, der Filmemacherin Sigrid Klausmann-Sittler, begleitet er Lisette durch ihr letztes Jahr im Kindergarten. Unter der Regie von Sigrid Klausmann-Sittler entsteht ein eindrucksvoller Film, der nicht nur eine gelungene Dokumentation, sondern gleichzeitig eine Hommage an menschliche Werte und pädagogische Einfühlsamkeit ist. Im Interview auf der Lisette-Film-Homepage erzählen Walter Sittler und Sigrid Klausmann:
Wie seid Ihr auf die Idee gekommen, diesen Film zu machen?
Sigrid Klausmann: Unsere eigenen drei Kinder waren bei Lisette im Kindergarten. Sie liebten diesen Ort bis zum letzten Tag. Das ist 15 Jahre her. Wie genau Lisettes Blick auf unsere Kinder war, ist uns heute noch bewusster, jetzt, wo sie die Schule beendet haben. Wir haben viel von ihr gelernt.
Was war das Besondere für Euch an Lisettes Arbeit?
Walter Sittler: Lisette lässt die Dinge, die Entwicklungen auf sich zukommen. Sie versucht, das zum Wachsen zu bringen, was da ist, mit einem Ergebnis, das sie nicht kennt. Heraus kommen Menschen, die sich selber besser kennen gelernt haben, die von ihren Schwächen und Stärken wissen und die Schwächen nicht zu unterdrücken versuchen, sondern Wege finden, damit klar zu kommen.
Passt dieser Ansatz noch in eine Zeit, wo es um Tempo und Leistung geht?
Walter Sittler: Lisette legt mit ihrer Arbeit die Grundlage für eine gute psychische und intellektuelle Entwicklung der Kinder, weil sie frei und mutig werden, um die Welt um sich herum zu entdecken: oder zu erobern, wie sie sich ausdrückt. Sie verlieren die Angst vor Neuem, wo immer diese Angst auch herkommt. Lisette ist in der Lage, die Kinder ohne vorgefertigte Schablone das werden zu lassen, was in ihnen angelegt ist und nicht das, was ein irrsinniger Lehrplan glaubt aus ihnen machen zu müssen.
Sigrid Klausmann: Wenn Kinder in einer Atmosphäre des Angenommenseins, ohne Druck und Überforderung, in ihrem Tempo wachsen können, werden sie befähigt, mit Leichtigkeit zu lernen, was man für das Leben in unserer Gesellschaft braucht. Dadurch werden die Kinder für die Vielfalt des Lebens vorbereitet.
Walter Sittler: Ja es ist ein Irrtum zu glauben, dass man mit angeblich objektiv kontrollierbaren Lehrplänen für Kindergärten die Leistungsfähigkeit der Kinder erhöhen könnte. Man kann sie zu kleinen Wissenssoldaten machen, mehr nicht. Wollen wir das? Was wir brauchen, sind mutige, selbstbewusste, menschlich gebildete Schülerinnen und Schüler, die ihr Wissen in den Dienst ihrer selbst und der Menschen ihrer Gemeinschaft stellen können und wollen, auch als Erwachsene.
Also der richtige Film zur richtigen Zeit?
Sigrid Klausmann: Wir hoffen es! Wir haben diesen Film gemacht, um Lisettes Stimme, stellvertretend für viele andere, die an demselben Ziel arbeiten, Gehör zu verschaffen.
Unser Fazit:
Anschauen lohnt sich! Ein besonderer Film der aufzeigt, wie wichtig und wertvoll empathische, frei denkende Pädagogen sind und welch herausfordernder, zukunftsträchtiger Arbeit sie sich täglich widmen.
Lisette und ihre Kinder
Dokumentarfilm, 75 Minuten
Regie: Sigrid Klausmann-Sittler
Drehbuch: Sigrid Klausmann-Sittler
Produzenten: Walter Sittler, Florian Fickel
floff pictures/Schneegans productions
Hier könnt Ihr mehr über Lisette und den wunderbaren Film erfahren und Euch auch den Trailer ansehen. Hier geht es zu einem Interview mit Lisette und der Zeitschrift Eltern.