Rechte und Pflichten nach der Geburt
Heute haben wir einen spannenden Gastbeitrag rund um das Thema Rechte und Pflichten von frisch gewordene Eltern nach der Geburt für euch. Fachanwalt Niklas Clamann stellt sich im Folgenden vor und beantwortet Grundsätzliches zum Thema Namensgebung, Geburtsurkunde, Kindergeld, Elterngeld, Vaterschaftsanerkennung und Sorgerecht.
Ich heiße Niklas Clamann und bin Rechtsanwalt im Bereich des Familienrechts. Ich berate meine Mandantinnen und Mandaten in meiner Kanzlei in Münster sowie bundesweit insbesondere zum Thema Ehescheidung und zu den damit verbundenen Scheidungskosten. Neben meiner Spezialisierung auf die sogenannte Online-Scheidung habe ich auch zahlreiche Erfahrungen mit den rechtlichen Interessen gemacht, die werdende und frisch gewordene Eltern betreffen. In diesem Beitrag möchte ich Ihnen wichtige rechtliche Informationen für diese neue Lebensphase bereitstellen. Mein Ziel ist es, Ihnen zu helfen, damit Sie die rechtlichen Rahmenbedingungen rund um die Geburt Ihres Kindes besser verstehen. Nach diesem Beitrag sollten Sie diese besondere Zeit dann unbeschwert genießen können.
Namensgebung
Vor der Geburt haben sich die meisten Eltern für den Namen des Kindes entschieden. Kann man sich hier nur den Vornamen aussuchen? Wie sieht die rechtliche Lage bei vorliegender Uneinigkeit aus? Welchen Nachnamen erhält das Kind? Geregelt wird das Namensrecht in Deutschland durch das Bürgerliche Gesetzbuch und das Gesetz über die Änderung von Familiennamen und Vornamen (NamÄndG). Es gilt der Grundsatz der Namenskontinuität, wonach die Änderung eines Namens nur eingeschränkt vollzogen werden kann.
Familienname
- Gleicher Nachname
Hier wird das Ganze simpel gehandhabt. Bei der Eheschließung haben der Bräutigam und die Braut nach § 1355 BGB die Möglichkeit, einen ihrer Nachnamen als gemeinsamen Ehenamen/Familiennamen zu bestimmen. Verpflichtet sind sie dazu allerdings nicht und es steht einem der Ehegatten nach wie vor offen, seinen Geburtsnamen an den neuen gemeinsamen Ehenamen voranzustellen oder anzufügen. Das Kind erhält dann gemäß § 1616 BGB den Ehenamen seiner Eltern, auch wenn einer der Ehegatten seinen Geburtsnamen beigefügt hat.
Beispiel:
Nachname des Vaters: Müller
Nachname der Mutter: Müller(-Schulz)
Nachname des Kindes: Müller
- Unterschiedlicher Nachname
Haben die Eltern unterschiedliche Nachnamen, dann kommt es auf das Sorgerecht an.
- Gemeinsames Sorgerecht
Bei gemeinsamem Sorgerecht können die Eltern nach § 1617 BGB gegenüber dem Standesamt eine rechtsverbindliche Erklärung abgeben. Diese ist, sofern sie nicht bereits bei der Eheschließung abgegeben wird, öffentlich zu beglaubigen. Dann bestimmen sie gemeinsam, welchen der beiden Familiennamen der Eltern das Kind als Geburtsnamen tragen soll. Diese Erklärung erstreckt sich dann auf weitere nachgeborene gemeinsame Kinder. Bei Uneinigkeit auch einen Monat nach der Geburt, erhält ein Elternteil das Bestimmungsrecht durch das Familiengericht. Dem Bestimmungsberechtigten kann nach § 1617 BGB auch eine Frist dafür gesetzt werden. Nach Ablauf dieser Frist erhält das Kind ohne weiteres Zutun den Namen des bestimmungsberechtigten Elternteils.
Beispiel:
Nachname des Vaters: Müller
Nachname der Mutter: Schulz
Nachname des Kindes: Müller oder Schulz (Doppelnamen unzulässig)
- Alleiniges Sorgerecht
Das Kind erhält in dem Fall, dass ein nur Elternteil allein sorgeberechtigt ist, gemäß § 1617a Abs. 1 BGB, denselben Familiennamen wie ihn sein sorgeberechtigtes Elternteil bei der Geburt trägt.
Beispiel:
Nachname des allein sorgeberechtigten Vaters: Müller
Nachname der Mutter: Schulz
Nachname des Kindes: Müller
Vorname
Grundsätzlich ist die Wahl des Vornamens durch die Eltern frei und wenig restriktiv. Dies ist in Deutschland der Fall, da es mangels einschlägiger rechtlicher Vorgaben keine Beschränkungen durch das Gesetz direkt gibt. Richtlinien und allgemein anerkannte Vorgaben haben sich durch das Gewohnheitsrecht und Rechtsprechung dennoch etabliert. Dass Eltern sich auch ohne gesetzliche Vorgabe nicht allmögliche fiktive Buchstabenabfolgen als Vorname aussuchen dürfen, muss einleuchten, da der Vorname fest verknüpft mit der Identität und dem Persönlichkeitsrecht ist.
Die sich bisher herauskristallisierten Maßstäbe, an die sich die Standesbeamten bei ihrer Beurteilung orientieren müssen und nach denen Sie sich auch als Eltern auch richten sollten, sehen wie folgt aus:
- Kindeswohl
Dies ist insbesondere durch einen Beschluss vom Bundesverfassungsgericht am 5. Dezember 2008 geprägt. An erster Stelle stehe, dass der Name nicht gegen das Kind verwendet werden dürfe. Es soll es nicht in seiner Integrität und Entfaltung einschränken. Eltern dürften zwar kreativ werden, es soll aber sichergestellt werden, dass der Name nicht in eine Lächerlichkeit oder Anstößigkeit ausufert.
- Geschlecht
Geschlechtsneutrale Namen durften ohnehin immer schon verwendet werden. Seit dem Beschluss im Jahr 2008 muss ein Kind mit geschlechtsneutralem Vornamen, wie zum Beispiel Kim, keinen zweiten Vornamen mehr bekommen, der ausdrücklich das eine oder andere Geschlecht indiziert.
- Funktionalität
Der Name muss auch als solcher erkennbar sein. Er sollte sich von einem typischen Nachnamen unterscheiden. Gegenstände, Orte, Unternehmen und ähnliche Begriffe werden in der Regel nicht als Vornamen anerkannt werden.
- Einzelfallentscheidung
Neben den allgemeinen Kriterien obliegt es jedem Standesbeamten, die konkreten Umstände und Begründungen der Eltern bei zweifelhaften Namen zu berücksichtigen und verhältnismäßig abzuwägen. Nur bei ernsthaften Bedenken am Kindeswohl und Namen, die in der Vergangenheit bereits abgelehnt worden sind, sind sie dazu verpflichtet, die Eintragung abzulehnen. Falls der Name abgelehnt wird, so steht es den Eltern offen, den Namen von einem Namensgutachter begutachten zu lassen. Dieser muss begründen, wieso besagter Name eintragungsfähig ist. Sollte das Gutachten nicht ausreichen, bleibt der Weg über einen Widerspruch und ein anschließendes gerichtliches Verfahren.
Bürokratie und Finanzen
Es gibt neben den Eltern, die sich Tipps für ihr Erstgeborenes bei ihren eigenen Eltern oder anderen Angehörigen einholen, auch diejenigen, die Informationen selbst mühsam zusammentragen müssen. In der frühen Familienphase sind Paare allerdings meistens genug beschäftigt und müssen sich den Herausforderungen des neuen Familienalltags annehmen. Im Eifer des Gefechts kann es schnell passieren, dass Eltern essenzielle Dinge für ihr Kind außer Acht lässt. Hier die wichtigsten Punkte zusammengefasst:
Geburtsurkunde
- Sie müssen Ihr Kind innerhalb einer Woche beim Standesamt anmelden, um eine Geburtsurkunde zu erhalten
- Sie ist notwendig für fast alle weiteren amtlichen Beantragungen und Anmeldungen
- Dazu wird eine Geburtsbescheinigung benötigt
- Diese wird in der Regel von dem Krankenhaus selbst an das Standesamt übermittelt
- Bei einer Hausgeburt stellen Ihnen die Ärzte oder Hebammen eine Geburtsurkunde aus und Sie müssen diese selbst vorlegen
Krankenversicherung
- Sie sollten Ihr Kind unverzüglich bei Ihrer Krankenversicherung anmelden
- Das Kind ist in der Regel kostenlos familienversichert
- Das Versäumen der Anmeldung kann zu hohen Behandlungskosten führen, wenn in der Zwischenzeit medizinische Versorgung notwendig wird
Kindergeld
- Kindergeld ist einkommensunabhängig verfügbar und zugänglich
- Es wird nur auf Antrag der Eltern ausgezahlt
- Für Ihr Neugeborenes erhalten Sie anschließend monatlich 250€ finanzielle Unterstützung
- Beantragt wird das Kindergeld bei der örtlichen Familienkasse der Bundesagentur für Arbeit
Elternzeit
- Unbezahlte Auszeit vom Berufsalltag für Mütter und Väter
- Voraussetzung der Anmeldung der Elternzeit ist, dass die Eltern Arbeitnehmer sind
- Freistellung durch den Arbeitgeber für bis zu drei Jahren pro Kind
- Kein Antrag nötig
- Schriftliche Anmeldung beim Arbeitgeber spätestens sieben Wochen vor gewünschtem Beginn
- Die Elternzeit kann ab der Geburt beginnen und unter Umständen bis spätestens am Tag vor dem 8. Geburtstag Ihres Kindes andauern
Elterngeld
- In den meisten Fällen haben Eltern Anspruch auf Elterngeld
- Unter Umständen steht es Ihnen für die ersten 14 Lebensmonate Ihres Kindes zu
- Es stellt einen finanziellen Ausgleich für das ausgebliebene Einkommen dar, da das Kind zuhause betreut und erzogen wird
- Bei Bezug darf nicht mehr als 32 Stunden die Woche gearbeitet werden, wohnhaft in Deutschland ist Voraussetzung
- Das konkrete Arbeitsverhältnis ist unbeachtlich
- Andere Sozialleistungen, wie beispielsweise das Bürgergeld, schließen den Anspruch auf Elterngeld nicht per se aus
- Beantragt wird das Elterngeld bei der örtlichen Elterngeldstelle oder unter Umständen auch online
Früherkennungsuntersuchungen
- Besser bekannt als U-Untersuchungen
- Die Untersuchungen stellen eine präventive Möglichkeit dar, spezifische Entwicklungsstörungen und Krankheiten des Kindes besonders früh erkennen zu können und zu behandeln
- Die U1-Untersuchung findet noch direkt im Krankenhaus vor Ort statt
- Die Untersuchungen gehen bis zur U9 und werden von Kinderärzten durchgeführt
- Sie sind kostenlos und werden von der Krankenkasse übernommen
- Sie sind nicht verpflichtend
- Die Eltern werden bei Versäumnis allerdings kontaktiert und nach vier Wochen wird das Jugendamt benachrichtigt
- Bayern, Baden-Württemberg und Hessen haben eine Teilnahme an den U-Untersuchungen als Voraussetzung für die Anmeldung in der Kita und der Grundschule eingeführt
Vaterschaftsanerkennung und Sorgerecht
Vaterschaftsanerkennung
- Die Vaterschaftserkennung muss abgegeben werden, wenn Sie bei der Geburt nicht mit der Mutter verheiratet sind
- Das Verfahren würde sich Kraft Gesetzes erübrigen, wenn Sie verheiratet sind, da man so ohne weiteres als Vater des Neugeborenen in die Geburtsurkunde eingetragen wird
- Sie als Vater müssen diese Erklärung zur Anerkennung persönlich bei einer zuständigen Stelle abgeben
- Zuständige Stellen
- Ihr Jugendamt
- Standesamt
- Amtsgericht
- Notar
- Die Anerkennung bedarf schließlich zusätzlich der Zustimmung der Mutter
- Die Anerkennung kann auch bereits vor der Geburt abgegeben werden, damit Sie nach der Geburt unmittelbar als Vater in die Geburtsurkunde eingetragen werden
Sorgerecht des Vaters
- Die Vaterschaftsanerkennung leitet das gemeinsame Sorgerecht nicht von selbst ein, wenn Sie bei der Geburt nicht verheiratet sind
- Eine Heirat nach der Geburt des Kindes allerdings sorgt dafür, dass Ihnen das gemeinsame Sorgerecht zusteht
- Üblicherweise erhält der Vater das Sorgerecht durch Abgabe von Sorgeerklärungen durch die Eltern
- Diese werden beim Jugendamt oder bei einem Notar abgegeben
- Die Sorgeerklärungen können bereits vor der Geburt abgebeben werden
Fazit
Die hier aufgeführten rechtlichen Tipps bieten eine solide Grundlage für frisch gewordene Eltern, um sich in den ersten wichtigen administrativen Schritten nach der Geburt eines Kindes zurechtzufinden. Sie sind zwar nicht abschließend, stellen jedoch eine wesentliche Orientierungshilfe dar, um gut informiert und vorbereitet zu sein. Während Sie diese neue und aufregende Lebensphase genießen, ist es entscheidend, sich kontinuierlich über Ihre Rechte und Pflichten zu informieren, um das Wohlergehen Ihres Kindes bestmöglich zu unterstützen. Dabei ist es immer ratsam, bei Unklarheiten professionellen Rat einzuholen, um sicherzustellen, dass alle gesetzlichen Anforderungen erfüllt sind.